Liebe Gomaringer,
als ich Anfang November 2017 nach Gomaringen zog, begrüßtet Ihr mich und kamt, trotz widrigsten klimatischen Bedingungen zu einem kleinen Umtrunk vorbei. Sogar der Bürgermeister und der jetzige Oberbürgermeister von Reutlingen statteten mir einen Besuch ab.

Im April 2018 besuchten mich die Wiesaztäler auf Ihrer ersten gemeinsamen Wanderung. Was für eine schöne Idee, sich zusammen auf den Weg zu machen.
Im August des selben Jahres kamen fünf Kinder und drei Omas zum Jodeln. Ach was haben wir gelacht und Krach gemacht.

Im Juni 2019 zogen in der Nachbarschaft zwei gebogene Gesellen und ein heißes Eisen ein. Als die drei einzogen, kam gefühlt das halbe Dorf. Naja es gab ja auch Freigetränke und Freiwürste. Klar, dass hier auch der Bürgermeister nicht fehlen durfte.

Im Jahr 2020 kam Corona auf die Welt und schneller als gedacht auch in meine Nachbarschaft. Corona war fies, denn sie kam unscheinbar daher und wenn nicht aufgepasst wurde, schlug sie zu. Trotzdem oder gerade deswegen habt Ihr Gomaringer in dieser Zeit sehr oft bei mir vorbeigeschaut, denn es gab genügend Platz, um Abstand zu halten.
Im Mai 2021 erfreute ich mich über einen neuen Nachbarn mit Ecken und Kanten. Er war derjenige, der darauf geachtet hat, dass in der Nachbarschaft der Müll zusammengeräumt wurde. Leider ist der Kerl sehr jung gestorben.
Corona hat dazu geführt, dass ab 2021 jeweils am 2. Advent der Belzmichl bei mir Station machte. Immer hatte er eine Süßigkeit in seinem Sack für mich dabei.

Im Februar 2022 ließ es eine besondere Wetterlage zu, dass ich, als ich aus dem Fenster schaute, nur die obersten beiden Geschosse des Naturana-Hochhauses über dem Nebel erblickte. Wirklich einmalig.

Im April 2023 besuchten mich Yogis. Das sind Menschen, die auf Ihren Atem achten und dabei kunstvolle Übungen machen. Bei manchen hat das etwas lustig ausgesehen.

Im Oktober 2023 wurde es laut in meinem Hof. Fünf Jungs aus Derendingen packten ihre Alphörner aus und spielten auf. Das war Gänsehaut pur.

Dieses Jahr im März kam Annette Krause mit ihrem Kamerateam vorbei, denn es hat sich wohl herumgesprochen, dass unser Wohnviertel sehr attraktiv sei.

Wenn Du mal im Fernsehen kommst, dann strömen die Leute. Tatsächlich kamen und kommen sehr viele Menschen vorbei um unser Viertel zu genießen und für ihren Instakanal Fotos zu machen.
Schlussendlich waren es am Ende zu viel.
Mein Nachbar, das heiße Eisen, wurde mit Farbe beschmiert, dem Nachbarn, der nach dem Müll geschaut hat, haben sie den Kopf abgerissen und dass es keiner bemerkt, den Leichnam sofort verbrannt.
Die beiden gebogenen Gesellen aus der Nachbarschaft, müssen sich immer mehr, gegen Farb-, Säge- und Kleberangriffe zur Wehr setzen.
Da fragte ich mich schon, ob dieses Viertel so noch lange existieren wird.
Ich hatte den Gedanken noch nicht ausgedacht, schon wurde ich um die Ecke gebracht.
Trotz allem – schön war die Zeit!
Eure Peilscheibe